Autor: Justina Robson
Verlag: Lübbe
Genre: Science Fiction
Erscheinungsdatum: 2006 Meine Wertung: 0
Zusammenfassung: Mit „Transformation“ – der deutsche Titel ist im Vergleich zum poetischen und passenden Original „Silver Screen“ sehr unglücklich gewählt – legt der Bastei Verlag nicht den neusten Roman der britischen Science Fiction Autoren Justina Robson vor, sondern ihren ersten Roman. Viele Themen – moralische Bedenken entmenschlichter Forschung, die Frage nach dem Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz und die Auseinandersetzung mit den Vorurteilen und der Angst vor der herrschsüchtigen Maschine – finden sich schon in ihrem Debütwerk. Sie wird in den folgenden Büchern wie „Mappa Mundi“ und „Die Verschmelzung“ diese Handlungsstränge sehr viel detaillierter, aber nicht unbedingt effektiver wieder aufnehmen.
Dieser Frage geht die Autorin – für einen Erstling nicht ganz uneigennützig – aus der Ich- Perspektive der emotional beeinflussten und deswegen nicht objektiven Ich- Erzählerin Anjuli O´Connell nach. Sie arbeitet als Psychater für künstliche Intelligenzen. Obwohl diese sich seit vielen Jahren loyal gegenüber den Menschen verhalten haben, gelten sie als Grenzgänger. Sie erreichen zwar juristisch fast menschlichen und nicht mehr sachlichen Status, aber die Grenzen sind schwammig. Der Katalysator der kommenden Ereignisse ist der Tod/ Selbstmord Roys, eines Mitglied ihrer Gruppe. Anscheinend hat er einer künstlichen Intelligenz zur Flucht aus einem der Konglomerate geholfen. Wie im Cyberpunk streben die multinationalen Konzerne inzwischen unabhängige Kleinstaatenregelungen an und versuchen sich so, ungewünschten politischen und natürlich auch juristischen Einfluss zu entziehen. Diese Handlungsebene wird im Laufe der Ereignisse immer wieder aufflammen, allerdings kann sich die Autorin nicht gänzlich für eine Position entscheiden. Sie vertritt den Standpunkt, dass insbesondere teure Forschung nur noch von großen Firmen unternommen werden kann. Diese haben gewisse Rechte auf die Ergebnisse ihrer Investitionen. Die Versuche staatlicher Kontrolle lehnt stellvertretend für die Autorin die Protagonistin ab. Auf der anderen Seite sucht sie die Hilfe der Justiz, um künstlichen Intelligenzen Menschenrechte zu geben. So effektiv und spannend mit sehr guten Dialogen diese Passagen auch sind, sie wirken eingebettet in ein umfangreiches Szenario ein wenig pathetisch. Der Leser wird das Gefühl nicht los, als wenn Robson diese Entwicklung als hilfreichen Ausweg aus ihrem festgefahrenen Szenario angesehen hat.
Dabei ist die Welt, die sie entwickelt hat, vielschichtig und weniger einseitig als der klassische Cyberpunk. Viele ihrer Figuren fallen in einen gewissen Neo- Realismus zurück. Sie lieben alte Filme und verhalten sich oft eher wie billige Plagiate der zweidimensionalen Figuren als überzeugende Menschen. Nicht umsonst versuchen die künstlichen Intelligenzen, zwischen diesen beiden Ebenen – Realität und Fiktion – einen Unterschied zu erkennen. Für sie stellt die Kraft, Geschichten zu erzählen, den Schlüssel zum Menschwerden dar. Robsons Welt ist eine technologisch gar nicht so fortgeschrittene. Bis auf den Bereich künstlicher Intelligenz und die stetig fortschreitende Eroberung des Sonnensystems leben ihre Protagonisten fast in der Gegenwart.
Das Interessante an diesem Szenario ist das langsame Einfließen moderner Technologie in unsere Gegenwart. Der Leser kann erkennen, wie Nanotechnologie Fuß fasst und sich eine neue Computergeneration etabliert. Diese Veränderungen werden subtil, aber intelligent beschrieben und lenken von der eigentlichen Handlung nicht ab. Robson macht auch nicht den Fehler, eine Geschichte zu erzählen, die nur als Science Fiction Story funktionieren könnte. Die Autorin fordert die Intelligenz ihrer Leser heraus und bemüht sich, aktuelle politische Entwicklungen – das Buch ist schon 1999 erschienen - mit kritischem Verstand und scharfen Auge in einem nachvollziehbaren Kontext zu bringen.
Justina Robson bemüht sich im Gegensatz zu den oft satirisch provozierenden Romanen Philip K. Dicks um eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema künstliche Intelligenz. Sie charakterisiert beide Seiten überzeugend. In einer fast klinisch reinen Atmosphäre tauschen diese ihre Argumente aus. Der Leser hat die Möglichkeit, trotz der verzehrten, persönlichen Perspektive beiden Parteien logisch zu folgen und sich mit Abstrichen ein eigenes Bild machen zu können.
Um den Kern des Romans herum platziert die Autorin mit Abstrichen eine interessante, leicht futuristische Welt. Diese ist nicht perfekt, aber für einen Erstling erstaunlich selbstsicher und überzeugend gezeichnet. „Transformation“ erhält viele überraschend lesenswerte Ansätze und wirkt sieben Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nicht nur aktueller denn je, sondern auch intellektuell stimulierender. Es scheint, als ob sich unsere Realität und die zum Teil düstere Fiktion dieses Buches annähern.
Verlag: Lübbe
Genre: Science Fiction
Erscheinungsdatum: 2006 Meine Wertung: 0
Zusammenfassung: Mit „Transformation“ – der deutsche Titel ist im Vergleich zum poetischen und passenden Original „Silver Screen“ sehr unglücklich gewählt – legt der Bastei Verlag nicht den neusten Roman der britischen Science Fiction Autoren Justina Robson vor, sondern ihren ersten Roman. Viele Themen – moralische Bedenken entmenschlichter Forschung, die Frage nach dem Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz und die Auseinandersetzung mit den Vorurteilen und der Angst vor der herrschsüchtigen Maschine – finden sich schon in ihrem Debütwerk. Sie wird in den folgenden Büchern wie „Mappa Mundi“ und „Die Verschmelzung“ diese Handlungsstränge sehr viel detaillierter, aber nicht unbedingt effektiver wieder aufnehmen.
Dieser Frage geht die Autorin – für einen Erstling nicht ganz uneigennützig – aus der Ich- Perspektive der emotional beeinflussten und deswegen nicht objektiven Ich- Erzählerin Anjuli O´Connell nach. Sie arbeitet als Psychater für künstliche Intelligenzen. Obwohl diese sich seit vielen Jahren loyal gegenüber den Menschen verhalten haben, gelten sie als Grenzgänger. Sie erreichen zwar juristisch fast menschlichen und nicht mehr sachlichen Status, aber die Grenzen sind schwammig. Der Katalysator der kommenden Ereignisse ist der Tod/ Selbstmord Roys, eines Mitglied ihrer Gruppe. Anscheinend hat er einer künstlichen Intelligenz zur Flucht aus einem der Konglomerate geholfen. Wie im Cyberpunk streben die multinationalen Konzerne inzwischen unabhängige Kleinstaatenregelungen an und versuchen sich so, ungewünschten politischen und natürlich auch juristischen Einfluss zu entziehen. Diese Handlungsebene wird im Laufe der Ereignisse immer wieder aufflammen, allerdings kann sich die Autorin nicht gänzlich für eine Position entscheiden. Sie vertritt den Standpunkt, dass insbesondere teure Forschung nur noch von großen Firmen unternommen werden kann. Diese haben gewisse Rechte auf die Ergebnisse ihrer Investitionen. Die Versuche staatlicher Kontrolle lehnt stellvertretend für die Autorin die Protagonistin ab. Auf der anderen Seite sucht sie die Hilfe der Justiz, um künstlichen Intelligenzen Menschenrechte zu geben. So effektiv und spannend mit sehr guten Dialogen diese Passagen auch sind, sie wirken eingebettet in ein umfangreiches Szenario ein wenig pathetisch. Der Leser wird das Gefühl nicht los, als wenn Robson diese Entwicklung als hilfreichen Ausweg aus ihrem festgefahrenen Szenario angesehen hat.
Dabei ist die Welt, die sie entwickelt hat, vielschichtig und weniger einseitig als der klassische Cyberpunk. Viele ihrer Figuren fallen in einen gewissen Neo- Realismus zurück. Sie lieben alte Filme und verhalten sich oft eher wie billige Plagiate der zweidimensionalen Figuren als überzeugende Menschen. Nicht umsonst versuchen die künstlichen Intelligenzen, zwischen diesen beiden Ebenen – Realität und Fiktion – einen Unterschied zu erkennen. Für sie stellt die Kraft, Geschichten zu erzählen, den Schlüssel zum Menschwerden dar. Robsons Welt ist eine technologisch gar nicht so fortgeschrittene. Bis auf den Bereich künstlicher Intelligenz und die stetig fortschreitende Eroberung des Sonnensystems leben ihre Protagonisten fast in der Gegenwart.
Das Interessante an diesem Szenario ist das langsame Einfließen moderner Technologie in unsere Gegenwart. Der Leser kann erkennen, wie Nanotechnologie Fuß fasst und sich eine neue Computergeneration etabliert. Diese Veränderungen werden subtil, aber intelligent beschrieben und lenken von der eigentlichen Handlung nicht ab. Robson macht auch nicht den Fehler, eine Geschichte zu erzählen, die nur als Science Fiction Story funktionieren könnte. Die Autorin fordert die Intelligenz ihrer Leser heraus und bemüht sich, aktuelle politische Entwicklungen – das Buch ist schon 1999 erschienen - mit kritischem Verstand und scharfen Auge in einem nachvollziehbaren Kontext zu bringen.
Justina Robson bemüht sich im Gegensatz zu den oft satirisch provozierenden Romanen Philip K. Dicks um eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema künstliche Intelligenz. Sie charakterisiert beide Seiten überzeugend. In einer fast klinisch reinen Atmosphäre tauschen diese ihre Argumente aus. Der Leser hat die Möglichkeit, trotz der verzehrten, persönlichen Perspektive beiden Parteien logisch zu folgen und sich mit Abstrichen ein eigenes Bild machen zu können.
Um den Kern des Romans herum platziert die Autorin mit Abstrichen eine interessante, leicht futuristische Welt. Diese ist nicht perfekt, aber für einen Erstling erstaunlich selbstsicher und überzeugend gezeichnet. „Transformation“ erhält viele überraschend lesenswerte Ansätze und wirkt sieben Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nicht nur aktueller denn je, sondern auch intellektuell stimulierender. Es scheint, als ob sich unsere Realität und die zum Teil düstere Fiktion dieses Buches annähern.